Seit fast 4 Jahren begleitet das Mentoring-Programm „Traumberuf Professorin“ qualifizierte Akademikerinnen auf dem Weg zur Professur. Zum Erfolg des Programms haben viele Mitwirkende beigetragen – die Mentor*innen und Mentees, die beteiligten Hochschulen, die Partner*innen, die Referent*innen und viele mehr. Was hat Sie zur Mitwirkung am Programm bewogen? Welche Erfahrungen konnten sie machen und welche Einblicke können sie uns geben?
Isabel, du bist eine zentrale Beraterin der ersten Stunde für unser Projekt „Traumberuf Professorin“, eine von allen Teilnehmerinnen sehr geschätzte Referentin im Qualifizierungsprogramm und eine wichtige Impulsgeberin für die kontinuierliche Weiterentwicklung des Projekts. Möchtest du dich kurz selbst vorstellen und erzählen, wie du zum Programm gekommen bist?
Als Job- und Karriere-Expertin und Buchautorin halte ich Vorträge und Workshops für Unternehmen, Universitäten, Hochschulen und Non-Profit-Organisationen und coache Fach- und Führungskräfte. Meine Schwerpunkte sind informelle Machtspielregeln, Selbstmarketing, Networking, Konfliktmanagement und Medientrainings, häufig für eine weibliche Zielgruppe. Frauen zu unterstützen, beruflich weiterzukommen, war mir schon immer wichtig und in den letzten Jahren habe ich mich darauf zunehmend spezialisiert.
So bin ich auch zum Programm „Traumberuf Professorin“ gekommen: Im Auftrag der damaligen Gleichstellungsbeauftragten Professorin Sissi Closs habe ich ein Gruppencoaching für Professorinnen an der Hochschule Karlsruhe abgehalten. Das war erfolgreich und durch den Austausch dazu hat sich dann die Zusammenarbeit für „Traumberuf Professorin“ entwickelt.
Du hast die Anfänge mit begleitet und warst an der Ausgestaltung von TraumProf beteiligt. Warum war es für dich wichtig, bei diesem Projekt mitzuwirken?
Gerechtigkeit ist für mich ein wichtiger Wert. Bereits als Kind hat es mich gestört, dass Mütter in meinen Schulbüchern meistens als Hausfrauen dargestellt wurden. Später habe ich festgestellt, dass Frauen in wichtigen Jobs und in Führungspositionen selten zu finden waren. Damit sich das schneller ändert, besteht ein Großteil meiner beruflichen Arbeit darin, Frauen zu unterstützen, besser voranzukommen. Coaching und Mentoring-Programme sind dafür sehr effektiv. Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind immer noch ein männerdominiertes Feld, wenn man die Anzahl der Professuren betrachtet. Mir ist es wichtig, dass auch in diesem Bereich Frauen als Professorinnen gleichberechtigt teilhaben. Zusätzlich kann man die Bedeutung von Rollen-Vorbildern gar nicht hoch genug einschätzen. Das Programm „Traumberuf Professorin“ geht in dieser Hinsicht weit darüber hinaus, einzelne Frauen auf dem Weg zur Professur zu unterstützen, sondern zeigt Frauen als Professorinnen und auch solche, die es werden wollen, und ermutigt damit viele andere, diesen Weg ebenfalls zu gehen.
Da du seit Anfang an dabei bist, wie hast du die Entwicklung von Traumberuf Professorin von der ersten Runde bis heute erlebt?
Ich habe das Programm von Anfang an in der Kombination von Auftakt-, Zwischen- und Abschluss-Veranstaltungen, Qualifizierungsworkshops, Netzwerk-Treffen und Talks zu aktuellen Fragen als eine sehr runde Sache erlebt, die vom gesamten Team professionell aufgezogen worden ist. Auch die Corona-Krise hat nicht zu einem Bruch geführt. Den Wechsel in digitale Formate haben alle gemeinsam gut bewältigt und das Team hat dabei noch ein neues virtuelles Format, den „TP-Talk“ entwickelt.
Ich bin stolz darauf, dass ich von Anfang an dabei war, und es ist sehr schön, zu sehen, wie das Projekt im Laufe der Jahre immer größer und erfolgreicher geworden ist.
Als erfahrene Trainerin für Führungskräfte, worin liegen für dich die Stärken des Mentoring- Programms?
Eine der Stärken des Programms liegt für mich in der Größe: Frauen planen häufig klein, sind risikoscheu, was viele Vorzüge, manchmal aber auch Nachteile hat. Mit insgesamt 113 Tandems aus Mentee und Mentor*in in vier Runden ist das eine logistische Herausforderung, bietet so aber auch die Chance, dass inzwischen bereits über 20 Teilnehmerinnen Professorin geworden sind. Außerdem entsteht so ein weit gespanntes und vielfältiges Netzwerk unter den Teilnehmerinnen. Ein so großes Programm, an dem sieben Hochschulen teilnehmen, erreicht auch leichter die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, was dem Voranbringen des Themas weiterhilft.
Ein weiterer Pluspunkt liegt für mich darin, dass das Programm über mehrere Jahre ausgelegt ist, da so der Effekt viel nachhaltiger ist, als bei einem kürzer laufenden Projekt.
Toll ist es auch zu sehen, wie Mentorinnen und Mentoren ihren Schützlingen den Rücken stärken, sich gleich zu bewerben und nicht weiter zu warten und sich noch zu perfektionieren. Mentees berichteten bei den Veranstaltungen immer wieder, dass ihnen die Mentorinnen und Mentoren vor allem Mut gemacht hätten, sich sofort auf geeignete Stellen zu bewerben. Einige waren dann gleich beim ersten Anlauf erfolgreich. Das wiederum spricht dafür, dass im Programm die geeigneten Bewerberinnen sind.
Und wenn wir gemeinsam in die Zukunft schauen, was wünschst du dir für das Projekt und seine Teilnehmerinnen?
Da Gleichstellung in der Professorenschaft noch längst nicht erreicht ist, wünsche ich mir für „Traumberuf Professorin“, dass es nach dieser guten Aufbauarbeit und der Anstrengung des „In-die-Welt-bringens“ weitergeführt wird. Eine Ausweitung auf ganz Baden-Württemberg auf Basis der erworbenen Erfahrungen wäre großartig.
Allen Teilnehmerinnen von „Traumberuf Professorin“ wünsche ich, dass sie den Weg finden, der zu ihnen passt und der sie zufrieden macht, sei es als in jeder Hinsicht berufene Professorin oder mit einer anderen beruflichen Laufbahn. Allen gemeinsam wünsche ich, dass sie die jetzt aufgebauten Netzwerke auch nach Ende des Programms über die Jahre weiter pflegen und sich in ihren jeweiligen Positionen gegenseitig unterstützen. Dazu lassen sich wunderbar die neu eingeübten Tools der virtuellen Welt nutzen, um sich auszutauschen – zum Beispiel, was als Neuberufene im Kollegium zu beachten ist, wen man wohin empfehlen könnte oder noch viel später, welche jüngere Kollegin eventuell für eine Nachfolge in Frage kommt.
Allen Frauen, die Professorin werden wollen, wünsche ich, dass sie die Chance haben, bei einem solchen Mentoring-Projekt wie „Traumberuf Professorin“ teilnehmen zu können. Allen anderen wünsche ich, dass sie den Mut haben, sich auf eigene Füße zu stellen und sich eine informelle Mentorin oder einen informellen Mentor zu suchen, die oder der sie auf dem Bewerbungsweg unterstützt.
von Isabel Nitzsche und dem TraumProf-Team; Credit Foto: Sabine Kunzer