Prof. Dr. Andreas Frey

Seit fast 4 Jahren begleitet das Mentoring-Programm „Traumberuf Professorin“ qualifizierte Akademikerinnen auf dem Weg zur Professur. Zum Erfolg des Programms haben viele Mitwirkende beigetragen – die Mentor*innen und Mentees, die beteiligten Hochschulen, die Partner*innen, die Referent*innen und viele mehr. Was hat Sie zur Mitwirkung am Programm bewogen? Welche Erfahrungen konnten sie machen und welche Einblicke können sie uns geben?

Herr Prof. Dr. Andreas Frey, Sie sind seit September 2013 Rektor der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU), einer der sieben Hochschulen im Verbundprojekt „Traumberuf Professorin“. Sie unterstützen die Gleichstellungsarbeit an der HfWU engagiert und erfolgreich und haben „TraumProf“ seit Beginn des Projekts mit begleitet.

Herr Prof. Dr. Frey, warum ist Ihnen als Rektor der HfWU die Beteiligung Ihrer HAW am Projekt „TraumProf“ wichtig?

Die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) steht für Gleichstellung und Chancengleichheit. Hierfür setzen wir uns konsequent ein und wurden für unser großes Engagement 2019 zum wiederholten Male mit dem Total E-Quality Prädikat ausgezeichnet. Wir sind hier also auf einem guten Weg, möchten aber zukünftig den Frauenanteil in der Professorenschaft noch weiter erhöhen und Rollenvorbilder schaffen. Daher war es mir als Rektor der Hochschule ein sehr großes Anliegen, von Anfang an beim Projekt „TraumProf“ dabei zu sein. Wir konnten in der Vergangenheit bereits zehn Tandems mit Mentor*innen an der HfWU durchführen und wir freuen uns, dass wir auch in der vierten Runde mit drei Tandems dabei sind. Ich erhalte sehr viel positives Feedback zu dem Programm. Es bietet zahlreiche Informationsveranstaltungen, die Möglichkeiten zur Vernetzung und zum Austausch und mit dem Hinweis auf Professuren auf dem internen Portal eine sehr wichtige und gezielte Ansprache an Frauen. Gerade haben wir eine Professorin neu an unsere Hochschule berufen, die das Programm durchlaufen hat. Hieran sieht man, dass das Programm sehr wirksam ist, Frauen für eine Professur an einer HAW zu begeistern und zu gewinnen.

Was zeichnet für Sie aus Ihrer eigenen Erfahrung die Professur an einer HAW als Traumberuf aus?

Eine Professur an einer HAW ist etwas Besonderes. Anders als bei einer Universität steht bei einer HAW die anwendungsbezogene Lehre im Vordergrund, das heißt, dass die Lehrveranstaltungen einen sehr engen Praxisbezug haben. Bei uns an der Hochschule entwickeln Studierende beispielsweise Marketing-Strategien für namhafte Unternehmen, beraten Städte bei ihren Bau- und Naturschutzvorhaben oder bringen nachhaltige Angebote auf den Weg – all das bereits im Studium. Das ist eine Win-win-Situation für alle Seiten: Die Studierenden erhalten wertvolle Einblicke in die Praxis und ihr späteres Berufsfeld, die Professorin/ der Professor kann an die Netzwerke aus ihrer/ seiner vorherigen Tätigkeit anknüpfen und diese ausbauen, und die externen Unternehmen profitieren von der Expertise der Hochschule.

Eine HAW-Professur bietet außerdem eine sehr hohe Flexibilität, die so in fast keinem anderen Beruf zu finden ist. Dadurch hat man als Professorin/ Professor eine sehr große Eigenständigkeit bei der Planung seines beruflichen Alltags. Selbstbestimmt, zeitunabhängig und eigenverantwortlich zu arbeiten, ist ein großes Privileg, das die Professur an einer HAW bietet.

Sehr bereichernd ist zudem die Arbeit mit jungen, interessierten Leuten. Auch nach jahrelanger Tätigkeit kommen immer noch neue Fragen. Ich bin immer wieder beeindruckt von der Neugier, aber auch von dem Engagement der Studierenden. Das macht eine Professur an einer HAW sehr reizvoll.

Zuletzt ist noch eine Besonderheit unserer Hochschule zu nennen: Wir als Hochschule greifen Themen auf, die aktuell sind und die die Gesellschaft bewegen: sei es der Klimawandel, seien es Wirtschaftskrisen, sei es die Ernährung oder allgemein ein nachhaltiger Lebensstil. Dadurch sind wir als Hochschule sehr nah dran an der Gesellschaft und der jungen Generation. Diesen Prozess als Professorin/ Professor mitzugestalten, macht für mich den Beruf der Professorin/ des Professors an einer HAW zu einem Traumberuf.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in der Gewinnung neuer Professorinnen?

Ganz klar: Es fehlen Rollenvorbilder für Frauen –  Vorbilder, die zeigen, wie man den Weg als Professorin gehen kann. Wir brauchen diese Vorbilder, die andere Frauen für dieses Berufsbild begeistern und das Berufsbild bekannter machen.

Eine weitere Herausforderung ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Unsere Hochschule verfügt bereits über zahlreiche Angebote zur Familienfreundlichkeit, aber natürlich kann das Repertoire noch ausgebaut werden, und das wird es auch.

Voraussetzung für eine HAW-Professur ist eine mindestens dreijährige Tätigkeit außerhalb der Wissenschaft. Das ist sinnvoll, weil so die Praxiserfahrung der Professorin/ des Professors gewährleistet ist. Aber es birgt die Herausforderung, geeignete Personen innerhalb der Wirtschaft überhaupt auf den Weg zu einer Professur aufmerksam zu machen und aus der Wirtschaft heraus zu gewinnen. Der Senat unserer Hochschule hat im April dieses Jahres einen Berufungsleitfaden mit dem Fokus auf Gewinnung von Professorinnen verabschiedet. Wir hoffen dadurch, noch mehr Frauen auf diesen Traumberuf aufmerksam zu machen. Unsere Hochschule ist für Frauen als Arbeitgeberin sehr attraktiv und wir haben die Aufgabe, dies künftig noch stärker nach außen zu vermitteln.

Wie viele Professuren werden an der HfWU aktuell neu besetzt?

Im Laufe der nächsten zwölf Monate werden über zehn Professuren neu besetzt.

Inwiefern zeichnet sich Ihre Hochschule aus, um Bewerbungen auf Professuren für Frauen attraktiv zu machen?

Wir bieten als Hochschule hier eine ganze Menge! So fordern wir Frauen zum Beispiel in Ausschreibungen für Professuren explizit zur Bewerbung auf. Außerdem bieten wir die Möglichkeit, im Fall von Kinder- und Pflegebetreuung in Teilzeit beschäftigt zu sein.

Zudem werden wir in der kommenden Zeit verstärkt Veranstaltungen speziell für Frauen durchführen. Das setzt bereits beim wissenschaftlichen Nachwuchs an. So planen wir derzeit eine Networking-Veranstaltung ausschließlich für Frauen. Diese Veranstaltung geht auf Rückmeldungen unserer Doktorandinnen und Forschungsmitarbeiterinnen zurück.

Unsere Arbeitsbedingungen, spezielle Orte zum Wickeln und Stillen, Angebote zum Thema „Wissenschaft mit Kind“, Beratungen rund um das Thema Mutterschutz und vieles mehr tragen dazu bei, dass wir als sehr familienfreundlich wahrgenommen werden. Durch diese Angebote möchten wir Bewerbungen von Frauen für Professuren fördern. Nicht zuletzt auch durch die angepassten Prozesse in den Berufungsverfahren, die im bereits erwähnten Berufungsleitfaden des Senats festgelegt wurden.

von Prof. Dr. Andreas Frey und dem TraumProf-Team